FOTOKISTE 9 bis 12

Fotokiste 9: Skiglisse macht Tempo

Skiglisse Ski fahren

Mitte der 50er-Jahre kam der Skisport auf. Mit Holzskis aus der örtlichen Wagnerei oder der Skifabrik Schwendener in Buchs versuchten die Mittelstufenschüler die ersten Schwünge. Geübt wurde an den nahen Hängen oder auf dem Bellevue, was aber mindestens eine Stunde Marsch mit geschulterten Skis bedeutete. Damals war es noch möglich, mit den Schuhen (aus Leder und Schnürbindung) zu gehen. Anfänglich zwängte man die Schuhe vorne zwischen zwei Metallbacken und klappte hinten bei der Ferse die Schnalle der Bindung zu. Wer etwas Tempo haben wollte, hatte die Lauffläche vor dem Start mit Kerzenwachs oder Toko Skiwachs präpariert. Die Lauffläche glänzte mehr oder weniger in Orange, der Farbe des alljährlich neu aufgestrichenen Belages mit Skiglisse, womit man die Gleiteigenschaft verbesserte. Metallkanten gab es nicht. Wer seine Holzskis "tunen" wollte, schraubte selbst Kanten an den Rand der Lauffläche. Jahr für Jahr kam besseres Material auf den Markt: doppelgeschnürte Schuhe, Kandaharbindung, Metall-Skistöcke, Kantenskis, Windjacken usw. Der weihnächtliche Wunschzettel war bei vielen Kindern die einzige Möglichkeit, ihre Wintersportausrüstung zu verbessern.

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Fotokiste 10: Auf dem Weg zum eigenen Gemeindehaus

Bünteli Balgach Rathaus
Im Bünteli: 1968: Areal zum Bau eines Verwaltungsgebäudes

Hier, im Bünteli, entsteht nach 1968 ein Verwaltungsgebäude, in dem die wichtigsten Dienstleistungen für die Bürger und Bürgerinnen angeboten werden: Gemeindeverwaltung, Post und Lokalbank.

Die Geschichte eines eigenen Rathauses für die Gemeindeverwaltung ist lang. 1894 schliesst der Gemeinderat mit der Evangelischen Schulgemeinde einen Mietvertrag für ein Lokal (Amtszimmer) im Parterre des Schulhauses an der Landstrasse ab (siehe Bildergalerie). Als Folge der Stickereiblüte wachsen die Ansprüche an die Verwaltung. Mehr Platz ist notwendig. Nachdem im Juli 1911 das Rest. Kreuz einem Brand zum Opfer gefallen ist, kauft der Gemeinderat einen Teil des zentral gelegenen Brandplatzes mit der Absicht, dort ein Gemeindehaus zu bauen (Bildergalerie). Im Christmonat 1912 beschliesst die Bürgerversammlung den Bau eines eigenen neuen Gemeindehauses. Ob man darin auch dem Postlokal einen Platz einräumt, hängt vom Willen des Posthalters ab, denn die Platzierung der Post ist Sache des Posthalters. Die Abklärungen brauchen Zeit, und der Krieg verändert die wirtschaftliche Lage. Das Vorhaben tritt in den Hintergrund. Eine Lösung ergibt sich auf den 1. Jan. 1917: Die Genossenschaftsferggerei will ihre Geschäftsliegenschaft an der Turnhallestrasse vermieten. Der Gemeinderat ergreift die Gelegenheit. Weil die Ferggereigenossenschaft Liquidationssorgen hat, verkauft sie der Gemeinde das Gebäude auf Ende 1917. Jetzt verfügt die Gemeindeverwaltung über drei Büros und Nebenräume in einem eigenen Gebäude, das 1912 vom bekannten Architekten Johann Labonté erstellt worden ist (Bildergalerie).

Wieder ist es ein Brand, der das Traktandum Gemeindehaus in 

Bewegung bringt.  Als 1949 das Restaurant Hirschen wegen Brandstiftung durch das Feuer zerstört wird, interveniert der Gemeinderat beim brandgeschädigten Wirt, weil sich die zentrale Lage des Brandplatzes gut für einen Verwaltungsbau eignen würde. Besprechungen mit der Postverwaltung ziehen das Projekt in die Länge und führen schliesslich zum Rückzug des Bauvorhabens. Dem Hirschenwirt wird dann ein Neubau nur unter der Bedingung bewilligt, dass er seinen Bau so konzipiert, dass später ein Anbau für ein Gemeindehaus möglich wäre. Hinterher ist man froh, dass das Projekt nicht zur Ausführung gekommen ist (Bildergalerie). Da auch die Gemeinde Balgach von der Entwicklung in den Nachkriegsjahren überrascht wird, wären die damals geplanten Räume bald wieder viel zu klein geworden.

1961 erhält der Gemeinderat an der Bürgerversammlung den Auftrag, auf dem schon vorher erworbenen Areal im Bünteli ein Gemeindehaus zu planen. Jetzt wird der frühere Gedanke für ein gemeinsames Gebäude für die Gemeinde und die PTT wieder aufgenommen. Zusätzlich interessiert sich die Spar- und Leihkasse Balgach für das Projekt. Erste Gespräche finden 1963 statt. Nach der Erfassung des Raumbedarfes und der Einigung zum Bau im Stockwerkeigentum wird ein Projektwettbewerb unter fünf Architekten veranstaltet, aus dem der Vorschlag von Architekt Hanspeter Nüesch zur weiteren Bearbeitung ausgewählt wird. Das ausserordentlich vielseitige und verschiedenartige Raumprogramm stellt dem Architekten und den Bauherrschaften eine Vielzahl von Problemen. Nach langwierigen Verhandlungen kann am 12. Januar 1968 mit den Bauarbeiten begonnen werden (Bildergalerie).  

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Bildergalerie


Fotokiste 11: Drei unter einem Dach

Bünteli-Panorama im März 2012
Bünteli-Panorama im März 2012

Offizielle Einweihung am 9. Mai 1970

Nach etwas weniger als zwei Jahren Bauzeit wird das neue Verwaltungszentrum im Bünteli durch die drei Nutzer (Gemeindeverwaltung, Post, Lokalbank) im Nov. 1969 bezogen. Die offizielle Einweihung wird auf Samstag, 9. Mai 1970 angesagt.

 

Balgach hat eine neu Post

Die Post gibt auf ihren Eröffnungstag am 17. Nov. 1969 einen Werbestempel heraus. Die neuen Lokalitäten bieten Posthalter Friedrich Kuster und seinen vier Briefträgern freundliche und geräumige Arbeits- und Kundenräume: Schalterhalle, Telefonkabinen, Schliessfachanlage, Massenaufgabeschalter, Büro- und Botenarbeitsplätze, Verladegarage. Die gesamte Betriebsfläche im Neubau beträgt 212 m2, während es in den bisherigen Räumen an der Hauptstrasse nur 86 m2 waren. Die Planer rechnen, dass die Räumlichkeiten, die eine angemessene Reserve enthalten, einen noch wesentlich grösseren Postverkehr bewältigen können. Bei anhaltender Entwicklung der Gemeinde werden nach Einschätzungen der Planer die neuen Lokale vermutlich aber in 30 oder 40 Jahren wiederum zu knapp sein. Für diese Zeit wurde vorgesorgt, indem das südlich anschliessende Land von den PTT zu Alleineigentum erworben wurde.

Heute wissen wir: Die Räume genügen immer noch. Wohl ist die Gemeinde einwohnermässig gewachsen (1970: 3356 Ew., 2010: 4408 Ew.), was einen Anstieg der Postdienstleistungen erwarten liesse. Die Planer konnten nicht wissen (sich nicht vorstellen), dass die Jahre nach 1970 ein neues Kommunikationszeitalter eröffneten, das weitreichende Veränderungen zur Folge hatte: Vom Brief zum Telefon zum SMS zur E-Mail. Vom grünen Einzahlungsschein zum papierlosen Netbanking. Vom einheimischen Briefträger zu Fuss zum behelmten Zustellbeamten mit dem abgasfreien Töffli aus der PickPost-Stelle Heerbrugg. Vom Paketboten aus Balgach zum Paketkurier aus der Distributionsbasis Berneck. Vom Posthalter (Bundesbeamter) zum Poststellenleiter (Geschäftsführer). Vom wartsaalhaften Postschalter zum Postoffice mit angehängtem Mini-Warenhaus. Vom gelben Bundesmonopolisten zu mehreren gewinnorientierten Aktiengesellschaften.

 

Balgach hat ein neues Rathaus

Während der Bauzeit bietet die Gemeinde ihre Dienstleistungen in der Kaplanei an der Bergstrasse an. Doch vorher muss im alten Gemeindehaus gepackt werden. Aus dem Archiv wird das Nötigste mitgenommen bzw. zwischengelagert, vieles wird entsorgt. Die entstandene Aktenlücke fällt heute dem Spurensucher auf.

Die offizielle Einweihung findet am 9. Mai 1970 statt. Balgach freut sich! Dem Architekten Hanspeter Nüesch ist es gelungen, auf dem verwinkelten Grundstück die recht unterschiedlichen Bedürfnisse der drei Partner in einem Gehäuse zu befriedigen, das ins Dorfbild passt. Kupferblech und Holz geben dem dem Aeusseren ein markantes Gepräge. Gemeindammann Arnold Nüesch begrüsst seine geladenen Gäste vor dem Verwaltungsgebäude unter den Klängen der Musikgesellschaft.

Die Begehung der Räumlichkeiten zeigt eine verwirrende Vielfalt. Es ist erstaunlich, was alles unter dem einen Dach untergebracht ist: Büros für jede Verwaltungsabteilung, Gemeinderatssaal, Ratsstube des Ortsverwaltungsrates, zwei Wohnungen (Abwart), Lagerplätze für Zivilschutzmaterial, Feuerwehrdepot, Werkstatt fürs Bauamt, Wasserversorgungszentrale, Gemeindesaal für Versammlungen und als Vereinsprobelokal, Kantonnement für eine Kompagnie, im Kellergeschoss Arrestzelle und Luftschutzräume.

 

Aus der „alten“ Sparkasse mitten ins Zentrum

An der Einweihung bezeichnet der Bankpräsident, Walter Vetsch, die Eröffnung der neuen Lokalitäten als einen Freudentag für die Spar- und Leihkasse Balgach. Der zentrale Standort gemeinsam mit den anderen Dienstleistern bringt für die Bank und ihre Kunden Vorteile: Die Bank empfängt ihre Kunden in repräsentativen Räumen in einem imposanten Zentrumsbau. Ganz im Gegensatz dazu waren die Bankräume am früheren Standort an der Hauptstrasse. Im Erdgeschoss des ehemaligen evang. Schulhauses hatte sich die Sparkasse in zwei Räumen eingemietet, nachdem die Gemeindeverwaltung das Ferggereigebäude bezogen hatte. Jetzt hat es genug Platz für Kunden und Angestellte: Bankschalter mit offenem Warteraum, Besprechungszimmer, Büros, Tresorabteilung im Kellergeschoss.

 

Quellen für 13. und 20. März 2012

Der Rheintaler, 12. Okt. 1968

Der Rheintaler, 15. Nov. 1969

Der Rheintaler, 11. Mai 1970

Arbeiten des Spurensuchers zu den Bränden der Restaurants Kreuz und Hirschen

Boesch Jakob, Der Hof und die Gemeinde Balgach. Balgach, 1968.

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Fotokiste 12: Bauamt-Mitarbeiter (1965)

Bauamt Balgach

Fast alle Schüler kannten diese fünf Männer. Und sie kannten viele Schüler und Schülerinnen. „Bub (Moatli), weam chöascht?“ wollten sie wissen, wenn man auf dem Schulweg am Grabenrand stehen blieb oder den HERKULES bestaunte. „Aha, dänn beascht du da Bub vu Wiessgärbers Jogg.“ Als eingeborene Balgacher kannten sie viele Ueber-/Beinamen der Familien.

Der HERKULES war das erste motorisierte Gefährt des Bauamtes: dieselbetrieben, kippbare Mulde, mit grosser Anlasskurbel (Rückschlag!), ratternd. Der Name des Fahrzeuges trug den fleissigen Männern manchmal Sticheleien ein: Sie müssten jetzt ja nicht mehr so streng arbeiten und könnten ihre Kräfte und geschenkte freie Zeiten für anderes brauchen. Zum Beispiel zum Posieren für ein Teamfoto (damals ein unbekanntes Wort). Von links nach rechts:

Otto Oesch, Schlosser. Mit dem neuen Rathaus bekam er eine Werkstatt. Er trug immer eine Rohrzange bei sich.

Ernst Nüesch, pensionierter Bauamts-Werkmeister

Adolph Zünd, Wegmacher, was damals die gängige „Berufsbezeichnung“ war

Eduard Kehl, Wegmacher, mit „Fahrlizenz“

Max Gartmann, Chauffeur. Er freut sich, weil die Anschaffung eines Jeeps bevorsteht.

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